Monatsrückblick Juni 2022: I just want to feel relevant again
Ich habe lange gehadert, ob ich diesen Monat überhaupt einen Rückblick schreibe. Den letzten habe ich bereits ausgesetzt und für diesen hier fehlte mir einfach die Energie. Mein Blogger-Ich hat sich in den letzten Monaten am Stein der Zeit den Fuß gestoßen, ist gestolpert, hingefallen und liegen geblieben. Mein regelmäßiges Bloggen ist extrem eingeschlafen, da ich so viele andere Dinge um die Ohren habe, dass ich es nicht in den vollen Tag stopfen kann. Selbst das Arbeiten an meinem aktuellen Manuskript hängt. Dennoch möchte ich ein paar Gedanken loswerden, die mich momentan sehr umtreiben.

Mein Job bereitet mir wirklich sehr viel Freude, kostet aber eben auch Energie. Wenn ich Feierabend habe, fahre ich meist direkt zur Ponydame. Wenn ich Pech habe und auf der ohnehin vollen Autobahn machen sie eine 5 km lange Baustelle auf, dann brauche ich zum Teil eine knappe Stunde, um die Büroschuhe gegen Stallschuhe tauschen zu können. Nach der Ponydame geht’s heim. Wenn ich motiviert genug bin, koche ich. Danach muss ich noch meine Gedanken etwas baumeln lassen, bevor ich mich aktuell an meine Weiterbildung setze. Doch meistens habe ich dafür gar keinen Nerv mehr, also möchte ich mich lieber an mein Manuskript setzen. Aber auch das Schreib-Ich lehnt sich lieber im Sessel zurück, anstatt in die Tasten zu hauen. Vielleicht ist es aber auch die Angst vor der Einarbeitung des Testleser-Feedbacks, das ich zu Max und Jule bereits erhalten habe.
Wenn ich dann nach zehn ins Bett falle, schaue ich auf den Tag bzw. den Alltag außerhalb des Brotjobs zurück und zähle auf, was ich alles geschafft habe.
- Habe ich ein vollwertiges Mahl gekocht?
- Habe ich abgewaschen?
- Habe ich eine Lektion in meiner Weiterbildung geschafft?
- Sport gemacht?
- Einen Instagram Beitrag vorbereitet?
- Ein Kapitel überarbeitet?
Oftmals kann ich nur einen Punkt abhaken. Aber das ist gut. Ich mag es, wenn ich noch einmal zurückschaue und sehe, was ich geschafft habe. Damit ich nicht mit einem völlig schlechten Gewissen ins Bett gehe und mich nieder mache, dass ich ein absoluter Nichtsnutz und Faulenzer bin.
Trotzdem ärgert es mich, dass ich nicht nur keine Zeit, sondern eben auch keine Energie habe für
- Meinen Blog
- Mein aktuelles Buchprojekt (und die zwei neuen Ideen, die in meinem Hirn herumschwirren)
- Meine Selbstständigkeit als Texterin
- Neues Wissen im Bereich Pferd
Zeit und leere Akkus ziehen mich momentan wieder in eine Spirale nach unten. Und das ist nicht gut. Absolut nicht! Gerade in unserer heutigen Zeit, wo gefühlt jeder zweite von mental health spricht, muss auch ich einsehen, dass es für meine mentale Gesundheit nicht in Ordnung ist, wie es läuft. Vergangenes Jahr hatte ich eine dunkle Zeit durchgemacht. Auch wenn es zum Zeitpunkt tatsächlich sehr dunkel aussah und ich am liebsten den ganzen Tag im Bett gelegen hätte, hat mich diese Phase doch etwas gelehrt: sich von Dingen zu trennen (und manchmal auch von bestimmten Menschen). Ich habe gelernt, Dinge beiseitezulegen, die mir einfach zu viel wurden, mich herunterzogen und meinen Zustand nur schlimmer machten. Und genau das muss ich wohl auch jetzt tun. Denn die vielen Projekte und Vorhaben, die an sich ja echt toll sind, nehmen mir zu viel, anstatt mir zu geben.
Also habe ich beschlossen, meinen Newsletter, wie auch meinen Blog in die „Sommerpause“ zu schicken. Ob diese Pause nur bis zu meinem nächsten Urlaub anhält, tatsächlich die Sommermonate einschließt oder gar darüber hinaus geht, weiß ich noch nicht. Was ich aber weiß und brauche, ist weniger auf der To-Do-Liste.
Denn wenn ich ehrlich bin, ist es noch nicht einmal die Menge an Dingen, die ich tue bzw. tun will. Es ist oftmals der Erfolg, der aussteht. Ich stecke so viel Herzblut in den Blog, in mein Buchmarketing, in meine Geschichten. Ich rudere und denke, Wow, da hast du ordentlich was gerockt. Und dann schaue ich auf die Zahlen oder ausbleibenden Anfragen und Buchbestellungen und muss feststellen, dass ich auf der Stelle geschwommen und dem Strand keinen Zentimeter näher gekommen bin. Auch das frustriert. Und von dieser Frustration muss ich ebenfalls loskommen, sonst macht mir bald nichts mehr wirklich Spaß.
Was Emma Stones Performance damit zu tun hat
Beim Duschen ist mir die Frage in den Sinn gekommen, warum ich eigentlich erfolgreich Bücher schreiben und verkaufen will. Warum Geschichten überhaupt veröffentlichen und sich den Stress antun? Ich könnte doch einfach Geschichten aus Jucks und Tollerei schreiben, weil es mein Hobby ist. Reiten ist auch mein Hobby und damit versuche ich keine großen Preise zu gewinnen. Ganz im Gegenteil. Ich mag es nämlich überhaupt nicht, wenn jemand mir und der Ponydame beim Arbeiten zusieht. Warum will ich dann unbedingt Bücher veröffentlichen? Und das mit Erfolg, d.h. dass Leute den Wisch dann auch noch kaufen? Warum?
Da kam mir Emma Stone in den Sinn, als sie in Birdman ihrem Vater zusammenzimmerte:
„And let’s face it dad: You’re not doing this for the sake of art. You’re doing this, because you want to feel relevant again. Well guess what, there is an entire world out there where people fight to be relevant every single day and you act like it doesn’t exist. Things are happing in a place, that you ignore. A place, that by the way has already forgotten about you. I mean, who the f*ck are you?! You hate bloggers, you mock twitter, you don’t even have a facebook page. You’re the one, who doesn’t exist! You are doing this, because you’re scared to death, like the rest of us, that you don’t matter. And you know what, you’re right. You don’t. It’s not important, okay? You’re not important. GET USED TO IT!“
Schau dir den Clip gerne einmal an.
Mal abgesehen von der phänomenalen schauspielerischen Leistung der tollen Emma, hat sie da ein paar ziemlich harte, aber ehrliche Worte rausgehauen. Zuerst scheint es so, als wenn sie sich über ihren Vater aufregen würde, der nur sich und seine Karriere im Sinn hat; der endlich wieder etwas tun will, was Bedeutung hat. Dabei ignoriert er völlig, dass es einen ganzen Bulk an Menschen auf der Welt gibt, die genau dasselbe tun: Darum zu kämpfen, etwas wert zu sein. Etwas Bedeutendes zu tun, für das man bewundert wird. Während sich Emma immer weiter hineinsteigert, wird bald klar, dass sie unter demselben Problem leidet: Auch sie geht in der Masse unter, will etwas wert sein und etwas tun, um bei den Menschen in Erinnerung zu bleiben.
Jetzt musste ich mir selbst an die Nase fassen: Tue ich alles nur, weil ich einen bleibenden Eindruck bei den Menschen hinterlassen möchte? Um wenigstens bei ein paar Menschen im Gedächtnis hängen zu bleiben? Um nicht in der Masse unterzugehen? Tue ich das alles nur, weil ich Anerkennung für mich möchte?
Wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich jede Frage mit Ja beantworten. Viel zu lange habe ich mir eingeredet, dass ich Geschichten aus dem selbstlosen Grund schreibe, meine Leser zum Nachdenken anzuregen oder ihnen einfach schöne Lesestunden zu verschaffen. Aber damit belüge ich mich nur selbst. Ich will Aufmerksamkeit. Wir leben in einer Gesellschaft der Selbstinszenierung und da kann ich mich nicht ausschließen. Und diese Wahrheit frustriert mich, denn ich will nicht zur Masse gehören. Und ich will nicht Geschichten schreiben, um meine Person ins Rampenlicht zu rücken. Und trotzdem strebe ich danach.
Vielleicht hatte mein Jahresvorhaben, zwar viel zu schreiben, aber kein Buch zu veröffentlichen, schon fast etwas Prophetisches an sich. Vielleicht wird es das Jahr, an dem ich nicht den Durchbruch als Autorin schaffe, dafür aber einen Durchbruch in meinem Denken und meiner Herzenshaltung.
PS: Dieser Blogbeitrag ist null suchmaschinenoptimiert. Einfach frei heruntergeschrieben, wie mir die Dinge in den Kopf gekommen sind. Auch das fällt mir schwer, will ich doch, das jede meiner Aktionen irgendeinen sichtbaren Erfolg hat. Daher ist es sicherlich ganz gut, absichtlich vom Marketing-Gedanken einmal abzusehen. Denn diese Gedanken an Zahlen kosten mich ebenfalls ein Vermögen an Energie – und die ist ja bekanntlich Mangelware.
Das ist sicherlich ein Kampf, der noch nicht zu Ende ist. Aber sehr stark, darüber offen zu schreiben
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